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Konflikte in virtuellen oder hybriden Teams lösen - wie geht das?

Alexandra Altmann 
 

Konflikte in Teams gehören zum Berufsalltag - auch in virtuellen und hybriden Teams. Doch wie geht man auf Distanz am besten damit um? Braucht es dafür andere Konfliktlösungs-Techniken?

Diese Frage beschäftigt aktuell viele TeamleiterInnen. Ein paar einfache Überlegungen helfen dabei.

Gibt es im Bezug auf Team-Konflikte einen Unterschied, wenn sich die Teammitglieder nur selten in Präsenz treffen und ansonsten mobil oder von verschiedenen Standorten aus zusammenarbeiten und ein virtuelles oder hybrides Team bilden?

Diese Frage stellten wir kürzlich in einem unserer Workshops zum „Führen auf Distanz“ den teilnehmenden Führungskräften. Die einen fanden, dass es in remote arbeitenden Teams mehr und andere Konflikte gibt. Die anderen sahen eher weniger Konflikte, und wenn dann mit den gleichen Themen wie bisher auch. 

Und die meisten hatten ein unbehagliches Gefühl: Wie erkenne ich diese Konflikte auf Distanz? Wann soll ich einschreiten? Wie gehe ich bei der Konfliktlösung vor, wenn die Leute mobil arbeiten?

Wir haben dazu hier fünf Tipps aus der Praxis zusammengestellt, wie man Konflikte in virtuellen Teams lösen kann.

1. Reibungen in starken Teams sind ganz normal

Starke Teams haben viel gemeinsam: Ziele, Werte, Prozesse, Spielregeln, Tools. Und gleichzeitig sind Teams nur wirklich dann stark, wenn dort unterschiedliche Charaktere, Erfahrungen und Herangehensweisen zusammenkommen. 
Diese Diversität ist Voraussetzung für das Schaffen von ausgewogenen Lösungen. Sie führt aber natürlich auch zu Reibungen und Konflikten.

Wenn ein Team es schafft, gegensätzliche Meinungen auszutauschen und intensiv zu diskutieren, steigt erfahrungsgemäß die Qualität des Outputs. Da können auch mal die Funken fliegen. Solange man am Ende zu gemeinsamen Ergebnissen kommt, ist das ja genau der Vorteil von Teamarbeit!
Das gilt für Präsenz-Teams genauso wie für Remote-Teams.

Bei der flexiblen mobilen Arbeitsorganisation gibt es allerdings ein besonderes Konfliktpotenzial: Wenn die Spielregeln für Kommunikation und Teamarbeit nicht explizit geklärt werden, kommt es schnell zu Missverständnissen, Ungerechtigkeits-Gefühlen oder Friktionen.
Man fragt sich: "Warum sind die anderen nicht erreichbar und reagieren nicht auf meine Nachrichten? Bin ich die Einzige, die hier arbeitet?" oder "Wieso kriege ich nicht mehr mit, was läuft? Werde ich ausgeschlossen?" oder "Sieht überhaupt jemand, was ich hier alles leiste?".

Nehmen Sie sich also auf jeden Fall ausreichend Zeit, um den Boden für produktive Zusammenarbeit gut vorzubereiten! Klären Sie die Erwartungen an das Verhalten bei der remote Teamarbeit ausführlich gemeinsam ab und halten Sie sie am besten auch schriftlich in einer Art "Team-Charta" fest.
(Weitere Tipps dafür finden Sie auch in unseren Praxistipps Hybride Teams führen - So halten Sie das Team zusammen! und Hybride Zusammenarbeit – Wie Sie Ordnung in den Flohzirkus bringen)

So können Sie unnötige Reibungen rund um die Zusammenarbeit von vornherein vermeiden. Und sich auf die kreativen Auseinandersetzungen mit den diversen Stärken, Meinungen und Sichtweisen im Team konzentrieren.

2. Konflikte nicht verhärten lassen

Gute Führung bedeutet, die hitzigen Diskussionen im Team gut und strukturiert zu moderieren. Also: jeden zu Wort kommen lassen, die verschiedenen Meinungen sammeln, Argumente austauschen und am Ende systematisch zu einer Entscheidung kommen. 

Das geht in virtuellen Teams genauso wie in Präsenz-Teams – vor allem, wenn man im Online Meeting die wesentlichen Punkte gleich für alle sichtbar mitschreibt oder auf einem Whiteboard festhält.

Gefährlich wird es nur, wenn eine Führungskraft die Differenzen im Team nicht schnell ans Tageslicht bringt und gemeinsam mit dem Team klärt. Dann können sich diese Differenzen zu tiefsitzenden Konflikten verhärten, die sich mit der Zeit immer schwerer lösen lassen.

Bei der Teamarbeit auf Distanz ist es deshalb entscheidend, feine Antennen für die Team-Stimmung zu entwickeln und Friktionen zwischen den Leuten schnell aufzuspüren. Dafür sollte die Führungskraft im regelmäßigen Kontakt mit allen Mitarbeitenden sein. Und dann das Thema schnell wie möglich ansprechen. Sich diese Zeit frühzeitig zu nehmen beugt vielen späteren Problemen vor! Also: In den Online Meetings nicht nur auf die Sach-Themen konzentrieren, sondern auch Zeit für die persönliche Ebene und Team-Stimmung nehmen - damit Sie dicht am einzelnen dran bleiben (mehr dazu siehe Praxistipp Persönliche Nähe auf Distanz?)

3. Die bewährten Grundprinzipien für Konfliktlösung anwenden

Einem akuten Konflikt im virtuellen Team begegnet man effektiv mit den bewährten Strategien, wie zum Beispiel:

  • Klären, ob der Konflikt auf der Sach- oder Beziehungsebene liegt oder auf beiden
  • Alle Seiten „allparteilich“ anhören (aktives Zuhören und Verstehen sind die Schlüssel bei der Kommunikation)
  • Hinterfragen, ob man als Führungskraft selbst Teil des Konfliktes ist
  • Klarstellen, was die Geschäftserfordernis ist
  • Die Lösungsfindung moderieren, anstatt alles selbst zu lösen
  • Die Chance im Konflikt sehen und idealerweise eine „3. Alternative“ finden

Diese Strategien sind seit Jahrzehnten erprobt und sind Teil einer guten Führungs-Ausbildung - sie empfehlen sich grundsätzlich für gutes Konfliktmanagement.

4. Der Unterschied bei Konflikten in virtuellen Teams

Die meisten unserer Workshop-TeilnehmerInnen nehmen an, dass es darüber hinaus einen besonderen Trick oder Tipp dafür gibt, wie man Konflikte in virtuellen Teams auf Distanz handhabt. 

Wir sammeln dann mit ihnen, wie sie bisher vorgehen, wenn sie Konflikte in Präsenz-Teams lösen. Diese Ansätze analysieren wir gemeinsam, um zu sehen, was davon online NICHT funktioniert. Da kommt dann schnell die Erkenntnis: „Hmm, das geht ja alles online eigentlich genauso wie vorher in Präsenz – nur dass die Gespräche im Online Meetingraum stattfinden."

Der Unterschied beim Führen virtueller oder hybrider Teams liegt vor allem beim Mindset der Führungskräfte! Sie denken, dass sie auf Distanz anders vorgehen sollten – und suchen dann nach der magischen Formel oder einem ANDEREN Ansatz als bisher. Diese Haltung blockiert sie natürlich.
Dabei besitzen die meisten von ihnen schon längst die passende Kompetenz, um diese Herausforderung auch bei der virtuellen und hybriden Zusammenarbeit zu bewältigen!

Und natürlich kommt es darauf an, was „hybrid“ ganz konkret im jeweiligen Team bedeutet. Wenn ein Treffen am gleichen Ort für die Beteiligten mit überschaubarem Aufwand möglich ist, kann diese Option natürlich viel leichter zur Klärung von Konflikten genutzt werden. Für viele ist das ein naheliegendes Vorgehen. Anders ist die Situation in rein virtuellen Teams, die sich zum Beispiel nur halbjährlich oder noch seltener am gleichen Ort treffen. Das Konfliktmanagement durch die Führungskraft muss online stattfinden. 

5. Voraussetzung: Face-to-Face Gespräche

Eines ist natürlich anders beim Führen auf Distanz: man befindet sich physisch meist nicht im gleichen Raum mit den Teammitgliedern und kann sie nicht riechen oder anfassen oder jede Facette ihrer Körperhaltung beobachten.

Aber den Großteil der wesentlichen Signale bekommt man auch mit, wenn man Gesicht und Oberkörper der Personen sehen kann. Und das geht in Videocalls über Webcam ja hervorragend. Voraussetzung ist allerdings – wie bei jeglicher virtueller Kommunikation: Die Webcam muss an sein, und jeder muss gut ausgeleuchtet von Nahem auf Augenhöhe zu sehen sein. Doch das sollte ja inzwischen für remote führende ManagerInnen und TeamleiterInnen zur Selbstverständlichkeit geworden sein.

In hybriden Teams haben Sie natürlich auch die Möglichkeit, die Gespräche in Präsenz durchzuführen, wenn Sie und ein Teammitglied oder das ganze Team gleichzeitig vor Ort sind. Je nachdem, wie Sie die hybride Zusammenarbeit organisiert haben, kann das aber einige Zeit dauern, bis man sich trifft.
Machen Sie auf keinen Fall den Fehler, auf diesen Zeitpunkt zu warten - sondern sprechen Sie mögliche Konflikte sofort an, wenn Sie Friktionen spüren! Ein schnelles Online-Gespräch ist auf jeden Fall zielführender als ein persönliches Gespräch in ein paar Tagen oder Wochen.

Und wenn das ganze Team dann in Präsenz zusammenkommt: Nutzen Sie diese Treffen, um die Grundlagen für gute Teamarbeit zu festigen - indem Sie über die Team-Spielregeln sprechen, Missverständnisse klären und mit positiven Erfahrungen den Teamgeist stärken. Oder in ganz hartnäckigen Fällen den Konflikt systematisch bearbeiten (siehe Punkt 3).

Fazit

Reibungen in diversen Teams sind ganz normal und stärken die Qualität des Outputs - solange sie sich nicht zu unproduktiven Konflikten verhärten. Beugen Sie dem beim Führen auf Distanz rechtzeitig vor! Klären Sie Spielregeln und Erwartungen, nehmen Sie negative Stimmungen schnell auf, und nutzen Sie die bewährten Strategien für Konfliktmanagement. Das geht sehr gut auch in gut moderierten Online-Calls - und braucht keine magische neue Formel. Oder was denken Sie?

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Für Teams, bei denen manche Teammitglieder direkt im Büro und andere im Homeoffice oder mobil arbeiten.

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Für Teams, mit verschiedenen nationalen oder internationalen Standorten, die sich nur sehr selten oder nie in Präsenz treffen.

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