Ein spannendes neues Führungskapitel nimmt Form an: Das Führen von hybriden Teams, deren Mitglieder zum…
Endlich kann sich das Team wieder im Büro treffen. Manche sind öfter vor Ort, andere seltener.
Achtung: Da kann sich der „Proximity Bias“ negativ auf das Team auswirken! Vor allem, wenn die Führungskraft selbst viel Wert auf Präsenz legt. Denn dann ist das Risiko von unbewusster Ungleichbehandlung der Teammitglieder besonders hoch.
Was steckt hinter dem „Proximity Bias“, und wie kann man damit umgehen?
Sie kennen sicher den Gender Bias: die Tendenz, Männer und Frauen wegen ihres Geschlechts unterschiedlich wahrzunehmen und zu beurteilen. Bei dem „Proximity Bias“ handelt es sich um einen ähnlichen Verzerrungseffekt.
Als „Bias“ bezeichnet man einen systematischen menschlichen Urteilsfehler. Die meisten Führungskräfte in unseren Trainings würden sich selbst für völlig objektiv und für unvoreingenommen halten. Und realisieren dann doch, dass sie - wie jeder von uns - unbemerkten kognitiven Fehleinschätzungen unterliegen. Denn oft wird unser Denken von bestimmten Grundannahmen, Neigungen und Vorurteilen beeinflusst, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Unter dem „Proximity Bias“ versteht man die Tendenz, diejenigen Personen, die sich in der Nähe befinden, positiver zu beurteilen als diejenigen, die nicht direkt um einen herum sind.
Auf die hybride Teamarbeit bezogen: Mit den Personen, die uns täglich im Büro begegnen, sprechen wir mehr, wir sehen was sie tun und wir fragen sie öfter um Rat. Wenn Aufgaben zu verteilen sind, haben wir sie eher im Sinn und geben sie ihnen deshalb eher als anderen, die remote arbeiten. Daher ist es eine natürliche Folge, dass wir sie im Hinblick auf ihre Leistung besser einschätzen.
Für die Führungskraft bildet sich dabei schnell der Eindruck, dass die Personen im Office produktiver und kompetenter sind als die Kollegen im Homeoffice, die sie nicht so direkt im Blick hat.
Der Proximity Bias führt also zu dem unbewussten menschlichen Urteilsfehler, die Menschen in seiner Nähe zu bevorzugen.
Viele Führungskräfte sind sich dieses Biases leider nicht bewusst. Gerade wenn sie selbst viel im Büro arbeiten, sind sie besonders dafür gefährdet, Leistungen der remote Arbeitenden nicht fair zu beurteilen. Deren Fähigkeiten werden dann nicht voll genutzt – und das Team bleibt in der Performance hinter dem eigentlichen Potenzial zurück.
Das führt dann zu Frustration bei denen, die weniger gesehen werden und unfaire Einschätzungen und Benachteiligung erleben.
Wenn die Führungskraft diesen blinden Fleck nicht erkennt, kann das mittelfristig zu einer „Zweiklassengesellschaft“ und viel Unzufriedenheit im Team führen. Nicht selten wandern die zu wenig beachteten Talente dann ab zu anderen Teams oder Arbeitgebern – ein großes Problem gerade dann, wenn in einer Branche sowieso schon Arbeitskräftemangel herrscht.
Zunächst einmal: Sie können diesem Bias nicht entkommen, er ist wie gesagt eine typische menschliche Reaktion.
Aber Sie können sich der Tendenz zu diesem Urteilsfehler bewusstwerden und besonders darauf achten, niemanden in Ihrem Team nur deshalb zu bevorzugen, weil er oder sie in Ihrer Nähe ist!
Und so wirken Sie dem Proximity Bias gezielt entgegen:
Die Verantwortung dafür, die negativen Auswirkungen des Proximity Bias zu begrenzen, liegt natürlich nicht nur bei Ihnen allein. Jede und jeder im Team ist auch selbst dafür verantwortlich, für die eigene Sichtbarkeit zu sorgen.
Wer sich nicht darum kümmert, dass die anderen seine Beiträge, Fähigkeiten und Ergebnisse mitbekommen, braucht sich nicht wundern, wenn er übersehen oder weniger positiv beurteilt wird.
Unterstützen Sie deshalb Ihre Teammitglieder gezielt dabei, nun „Hybriditätskompetenz“ zu erwerben – also neue Skills, die bei der hybriden Zusammenarbeit besonders gefordert sind. Und dazu gehört eben auch das Bewusstsein dafür, dass man selbst die Initiative dafür übernehmen muss, beim mobilen Arbeiten außerhalb des Büros nicht in Vergessenheit zu geraten.
Konkret bedeutet das, auch auf Distanz eigene Leistung sichtbar zu machen, z.B. über aktive Beiträge in Meetings, MS Teams-Kanälen oder Chats, - und Zeit in Beziehungspflege zu investieren.
Zeigen Sie Ihren Teammitgliedern, wie sie dabei ein gutes Mittelmaß zwischen „aufdringlicher Angeberei“ und „bescheidener Zurückhaltung“ finden. Nicht jedem ist diese Fähigkeit automatisch gegeben – und Sie wissen bestimmt, wer hier von etwas Unterstützung profitieren kann.
Also: Machen Sie sich und Ihrem Team die Gefahr bewusst, die im Proximity Bias liegt – und achten Sie darauf, ihr bewusst entgegenzuwirken. So können Sie gemeinsam die Chancen der hybriden Zusammenarbeit heben und die neue Flexibilität erstklassig nutzen!
Weitere Praxistipps zum Mindset, Skillset und Toolset für erfolgreiches Führen erhalten Sie in unseren neuen Trainings.