Führungskräfte und Teamleiter sind oft unsicher, wie sie mit Mitarbeitern im Home-Office umgehen sollen. Es…
In den letzten Jahren wurde viel dazu diskutiert, wo man produktiver arbeitet: Im Office oder zu Hause. Es gibt Studien, die von höherer Produktivität im Homeoffice berichten – und genauso viele Studien, die das Gegenteil zeigen.
Wie soll eine Führungskraft damit umgehen? Wie kann sie beim mobilen Arbeiten die Produktivität ihrer Teammitglieder einschätzen oder kontrollieren?
Im Büro sehen Sie, ob die Leute am Platz sind und arbeiten. Aber wie verhalten die sich, wenn sie von zu Hause aus tätig sind?
Die allermeisten Organisationen berichten mir, dass es bei ihnen durch die Pandemie keinen wesentlichen Produktivitätsabfall in ihren Teams gab.
Trotzdem bleibt bei vielen Führungskräften eine diffuse Unsicherheit zurück:
Sie sind unsicher, ob und wie sie die Produktivität im Homeoffice überprüfen sollen. Denn schließlich ist es ja ihre Führungsaufgabe, für die richtige Performance ihres Teams zu sorgen.
Im Allgemeinen ist Produktivität definiert als das Verhältnis zwischen Output und aufgewendetem Input.
In der Produktion ist die menschliche Produktivität einfach zu messen: Welche Stückzahl produziert jemand innerhalb einer Stunde oder eines Tages?
In Vertrieb oder Service wird es schon schwieriger: Ist die Produktivität höher, wenn jemand weniger Zeit pro Kunde aufwendet – oder geht es eher um die Qualität der Kundeninteraktion und den Umsatz, der dadurch gesichert wird?
Und in Marketing, Forschung und Management spielt es noch weniger eine Rolle, wie viel Zeit jemand für eine Aufgabe aufwendet. Output und Erfolg hängen dort viel mehr von der Kreativität und Wirksamkeit der Ideen und die Überzeugungskraft bei der Kommunikation ab.
Bei der Wissensarbeit lässt sich Produktivität einer Person also nicht so einfach an klar messbaren Kriterien ablesen.
Ein Großteil der Büroarbeit besteht aus Wissensarbeit, bei der Leistung nicht mit der Stoppuhr gemessen werden kann.
Trotzdem glauben viele Führungskräfte, dass sie die Produktivität ihrer Teammitglieder besser einschätzen können, wenn diese im Büro sind als wenn diese mobil arbeiten:
„Die Frau Meier ist eine ganz tolle und engagierte Mitarbeiterin, die sehe ich immer länger im Büro als die anderen“, erzählte mir kürzlich ein Manager.
Aha? Ist Dauer der aufgewendeten Zeit das Kriterium, nach dem Sie Ihre Leute beurteilen sollten? Warum arbeitet Frau Meier denn länger als die anderen? Macht sie mehr als die anderen? Oder arbeitet sie einfach ineffizient oder übergenau? Oder lässt sie sich zwischendurch durch zu viel Unwichtiges ablenken? Oder bleibt sie einfach länger im Büro, weil sie den Feierabend-Verkehr vermeiden will oder später noch zum Sport geht?
Führungskräfte erliegen viel zu oft der Illusion, dass Anwesenheit mit Produktivität gleichzusetzen ist, und dass sie im Office mehr Kontrolle über das haben, was jemand leistet.
Doch nur weil eine Person 8 Stunden vor dem Rechner sitzt, bedeutet das noch längst nicht, dass sie dort effektiv an ihren Aufgaben arbeitet. Sie könnte ja privat shoppen oder ihren nächsten Urlaub recherchieren, ohne dass man es ihr ansieht – oder einfach auch nur sehr langsam sein oder viele Fehler machen.
Das Präsenz-Paradigma ist bei der Wissensarbeit gänzlich ungeeignet – sowohl im Büro als auch im Homeoffice!
Wenn man Produktivität bei den meisten Bürojobs also nicht an der aufgewendeten Zeit vor dem Computer festmachen kann, woran dann?
Letztendlich geht es darum, Ergebnisse in der festgelegten Zeit mit einer festgelegten Qualität abzuliefern.
Um einschätzen zu können, wie produktiv Frau Meier ist, muss klar festgelegt sein, welche Aufgaben sie bis wann erledigen wird und welchen Qualitätsmaßstab sie dabei erfüllen soll.
Doch wie kann man das bei der Wissensarbeit eigentlich genau abschätzen?
Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass eine Führungskraft im Vorhinein exakt sagen kann, wie lange eine Aufgabe dauern soll und wie viel Zeitaufwand dafür angemessen ist. Je komplexer oder je neuartiger ein Aufgabenfeld ist, desto unrealistischer wird es.
Die Lösung besteht vielmehr darin, dass sich die Führungskraft gemeinsam mit dem Teammitglied (oder einem Team) hinsetzt und einen Aufgabenplan erarbeitet. Dabei soll das Teammitglied in seiner Rolle als Experte für das Thema den Zeitbedarf selbst einschätzen und die erforderlichen Rahmenparameter definieren. Und das bildet dann die Richtschnur, an dem der Fortschritt und die Produktivität der Arbeit gemessen werden.
Doch daran schließt sich die nächste Frage an: Kann denn das Teammitglied den Zeitbedarf für eine Aufgabe im Vorfeld überhaupt immer genau richtig einschätzen?
Sicherlich nicht. Gerade bei neuen Themen lässt sich oft nicht absehen, wie komplex sie letztlich sind. Oder unvorhergesehen Ereignisse bringen die Pläne durcheinander.
Und da wird es spannend.
Produktivität bei der Wissensarbeit bedeutet auch, flexibel und umsichtig zu reagieren, um unnötige Aufwände oder Verzögerungen zu vermeiden.
Was bedeutet das dann für Frau Meier, wenn sie merkt, dass sie den Aufgabenplan, den sie selbst vorgeschlagen hat, nicht einhalten kann? Wie soll sie dann reagieren?
Arbeitet sie einfach härter und länger? Oder macht sie Abstriche an der Qualität, nur um rechtzeitig fertig zu werden? Oder bittet sie KollegInnen oder andere Experten um Hilfe? Oder entwickelt sie zunächst verschiedene Lösungsideen und meldet sich dann schnell bei ihrer Führungskraft, um das weitere Vorgehen und Prioritäten abzuklären?
Sie merken schon: Es reicht nicht, nur den Aufgabenplan und die Qualitätsparameter zu definieren. Es braucht darüber hinaus auch klare Vereinbarungen zu dem Verhalten, das eine Person zeigen soll, wenn etwa nicht nach Plan läuft (was ja meistens passiert).
Produktivität bei der Wissensarbeit können Sie dann vor allem an vier Kriterien festmachen:
Wenn man diese Kriterien für Produktivität bei Wissensarbeit betrachtet, wird schnell klar, dass „aufgewendete Zeit“ nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Die Kernfrage für Produktivität ist also nicht, wie viele Stunden eine Person vor ihrem Rechner sitzt. Sondern die Kernfrage ist, ob die Person produktives Verhalten an den Tag legt:
Das sollte der Maßstab sein, anhand dessen Sie die Produktivität eines Teammitglieds beurteilen – ganz egal, ob sich diese Person im Homeoffice befindet oder im Büro.
Ihr Augenmerk sollte also auf dem Output und dem Verhalten der Person liegen. Dabei sollten Sie genau hinsehen und sich nicht von so einfachen Dingen wie „Präsenz“ oder „ist immer erreichbar“ blenden lassen.
In Ihrer Führungsrolle sind Sie dafür verantwortlich, mit Ihrem Team zur Leistung und Wirtschaftlichkeit Ihrer Organisation beizutragen und dabei nicht unnötig Ressourcen zu verbrennen.
Deshalb müssen Sie selbstverständlich dafür sorgen, dass jedes Ihrer Teammitglieder unabhängig von seinem Arbeitsort so produktiv wie möglich arbeiten kann und das auch macht. Das können Sie nur tun, wenn Sie einen klaren Blick darauf haben, wie hoch die Produktivität in Ihrem Team ist und ob dabei noch Luft nach oben ist.
Es ist also unbedingt nötig, dass Sie die Produktivität in Ihrem Team kontrollieren. Das bedeutet nicht, dass Sie Ihrem Team nicht vertrauen und jedes Teammitglied misstrauisch beäugen. Nein, es ist damit eher die Art von Verhalten gemeint, mit der Sie beim Autofahren zwischendurch immer wieder mal mit einem schnellen Blick den Stand der Tankfüllung oder der Batterieladung kontrollieren. Vergewissern Sie sich regelmäßig, dass Sie genügend Leistungskraft im Team haben, um Ihre Ziele zu erreichen.
Es ist Ihre Aufgabe als Führungskraft, für sich eine klare Definition davon entwickeln, was „Produktivität“ im Kontext der Wissensarbeit in Ihrem Team bedeutet. Darauf aufbauend können Sie dann die Hebel für die Produktivität Ihres Teams identifizieren und richtig einstellen.
Letztendlich geht es darum, eine „Ergebnis-Kultur“ statt einer „Präsenz-Kultur“ zu etablieren.
Fokussieren Sie sich vor allem darauf, die Rahmenbedingungen für eine hohe menschliche Produktivität im Homeoffice zu schaffen:
Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Ich freue mich auf Ihr Feedback und Ihre Best Practices!
Mehr Praxistipps und Best Practices zum Mindset, Skillset und Toolset für die Zusammenarbeit auf Distanz erhalten Sie hier:
Für Teams, bei denen manche Teammitglieder direkt im Büro und andere im Homeoffice oder mobil arbeiten.
Für Teams, mit verschiedenen nationalen und internationalen Standorten, die sich nur sehr selten oder nie in Präsenz treffen.