virtuu Praxistipps

Tipps für Online-Meetings mit internationalen Teilnehmenden

Carsten Blumenstein 
 

Wenn Sie ein Team oder Projekt mit Mitgliedern aus unterschiedlichen Nationen leiten, kennen Sie es sicher aus eigener Erfahrung: Interkulturelle Kommunikation und damit auch Online-Meetings bringen ihre ganz eigenen Herausforderungen mit sich.

„Die Deutschen wollen schon mit der Agenda loslegen,
die Amerikaner sind noch im Small Talk,
und die Brasilianer kommen gleich.“

Unterschiedliche Zeitzonen, Kommunikationsstile, Sprachen und Kulturen führen nicht selten zu Missverständnissen und Frustration. Dazu kommt, dass viele die hilfreichen Möglichkeiten von Online-Meetingräumen leider nur unzureichend nutzen. Das macht es - je nach Zahl der Meeting-Teilnehmenden - umso schwerer, den verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Risikofaktor: Schlecht gemachte interkulturelle Meetings

Die Folge: Meetings ziehen sich wie Kaugummi, die Anwesenden machen viel zu wenig mit und wertvolle Ressourcen werden unnötig verschwendet, weil die Meetings keine belastbaren Ergebnisse erbringen.

Klingt vertraut? Dann sind Sie nicht allein.

Ich höre es immer wieder von meinen Kunden: Wenn die Kommunikation in interkulturellen Online-Meetings nicht effektiv läuft, leidet die Produktivität des Teams, Innovationen geraten ins Stocken, Projekte verzögern sich oder scheitern. Es lohnt sich also, diese Herausforderungen anzupacken, um das volle Potenzial Ihrer interkulturellen Zusammenarbeit auszuschöpfen!

Was können Sie tun?

Bewusstsein für unterschiedliche Kulturen entwickeln

Entscheidend ist, dass Meeting-LeiterInnen zunächst ein klares Bewusstsein für die typischen Kommunikationsfallen in interkulturellen Meetings entwickeln. Mir hilft es dabei ungemein, ein Raster für die unterschiedlichen kulturellen Dimensionen zu verwenden:

  • Wie direkt oder indirekt wird in den verschiedenen Kulturen kommuniziert?
  • Was wird priorisiert: Die Aufgaben-Ebene oder die Beziehungsebene?
  • Zählt jede Meinung gleichwertig oder hängt sie vom Status einer Person ab?
  • Wie hoch sind Risikobereitschaft oder Sicherheitsstreben?

Wenn ich mir dann die Teilnehmenden in meinen Meetings und ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergrund konkret ansehe, kann ich die Agenda besser planen und die einzelnen Reaktionen besser einschätzen.

Ich will es gerne konkreter machen und drei typische Situationen in Meetings mit internationalen Teilnehmenden herausgreifen, die in vielen Organisationen als herausfordernd erlebt werden.

Kennen Sie das: Während einige Teilnehmende in interkulturellen Online-Meetings direkt zur Sache kommen und inhaltlich ins Meeting einsteigen möchten, legen andere großen Wert auf eine persönliche Einstimmung. Eine sehr verbreitete Herausforderung.

In Kulturen mit hoher Beziehungsorientierung – etwa in Lateinamerika, Südeuropa oder dem Nahen Osten – ist Small Talk ein essenzieller Bestandteil des Vertrauensaufbaus. Geschäftliche Gespräche beginnen hier oft erst, wenn eine persönliche Verbindung hergestellt wurde. In eher aufgabenorientierten Kulturen wie Deutschland hingegen kann ein zu langer informeller Einstieg als ineffizient oder sogar unprofessionell empfunden werden.

Wer ein interkulturelles Online-Meeting leitet und sich dieser Dynamik nicht bewusst ist, riskiert entweder ungeduldige oder enttäuschte Teilnehmende. Wer zu schnell ins Geschäftliche einsteigt, kann als distanziert oder unhöflich wahrgenommen werden. Wer hingegen zu lange beim Small Talk verweilt, könnte den Eindruck erwecken, die wertvolle Zeit der Gruppe nicht zu respektieren.

  • Machen Sie sich bewusst, welche Personen am Meeting teilnehmen werden und was Sie über deren kulturellen Hintergrund und ihre Kommunikationsgewohnheiten wissen. Dabei kann ein Raster für die unterschiedlichen kulturellen Dimensionen und Präferenzen sehr hilfreich sein.
  • Planen Sie in den ersten Minuten bewusst Zeit für die Beziehungsebene ein. Das kann eine konkrete Check-in-Frage sein, bei der alle – je nach Zahl der Meeting-Teilnehmenden kurz mündlich oder im Chat zu Wort kommen. Dabei sollte niemand Druck verspüren, sich äußern zu müssen. Sie können kulturelle Unterschiede auch direkt ansprechen und prägnant beschreiben, wie Sie diese beim Ablauf des Meetings berücksichtigen wollen.
  • Indem Sie die Erwartungen klug steuern, schaffen Sie einen wertschätzenden Einstieg, der sowohl beziehungs- als auch aufgabenorientierte Teammitglieder abholt – und vermeiden von Beginn an Missverständnisse.

Schon mal in einem Online-Meeting erlebt: Teilnehmer, die nicht die gleiche Sprache wie die Mehrheit der Gruppe sprechen, fühlen sich oft unsicher und zögern, ihre Gedanken zu äußern. Dies führt dazu, dass nur ein Teil der Ideen und Perspektiven gehört wird, während die Ideen der anderen möglicherweise unbemerkt bleiben. Diese sprachliche Unsicherheit kann die Diskussion deutlich einschränken und verhindern, dass die besten Lösungen gefunden werden, die durch unterschiedliche kulturelle Perspektiven und Erfahrungen entstehen könnten. Sprachbarrieren sind eine der häufigsten Herausforderungen in der interkulturellen Kommunikation und in Online-Meetings.

Ein weiteres Problem ist, dass viele Meeting-Teilnehmer das Gefühl haben, dass ihre Sprachbarriere sie weniger kompetent erscheinen lässt. Sie fühlen sich in einer virtuellen Umgebung oft benachteiligt, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Gedanken genauso schnell und präzise auszudrücken wie andere. Dies kann zu Frustration und einem Gefühl der Entfremdung führen. Wenn solche Barrieren nicht aktiv adressiert werden, entsteht eine unausgewogene Diskussion, in der einige Stimmen dominieren, während andere unsichtbar bleiben.

  • Um diese Sprachbarrieren zu überwinden, können Sie Untertitel und automatische Transkriptionen nutzen. Diese Funktionen bieten eine sofortige visuelle Unterstützung, die es den Teilnehmenden ermöglicht, den Dialog zu verfolgen und Missverständnisse zu vermeiden. Viele Meeting-Plattformen bieten diese Features heute standardmäßig an, so dass jeder Teilnehmer von der Möglichkeit profitieren kann, während der Besprechung mitgelesen zu werden und auch später eine schriftliche Aufzeichnung der besprochenen Themen zu erhalten.
  • Nutzen Sie außerdem Funktionen wie den Chat, um allen die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen schriftlich und ohne Druck zu äußern. Oder verwenden Sie Umfragen und das Whiteboard, wenn anonyme Beiträge mehr Beteiligung versprechen. Besonders bei komplexen Themen kann es hilfreich sein, den Teilnehmern etwas mehr Zeit zu geben, ihre Gedanken zu formulieren, damit sich niemand gehetzt fühlt. Fördern Sie eine Kultur, in der alle Beiträge willkommen sind – egal, wie fließend die Sprachkenntnisse auch sein mögen. Machen Sie klar: Tipp-Fehler sind ok!

Kommt Ihnen das auch bekannt vor: In Online-Meetings mit Teilnehmenden unterschiedlicher Kulturen gibt es oft große Unterschiede, wie das Ende eines Meetings gestaltet wird. Manche Kulturen bevorzugen eine klare und schnelle Entscheidung am Ende, um das Meeting zielgerichtet abzuschließen. In Ländern wie den USA oder Großbritannien, wo eine eher pragmatische Herangehensweise vorherrscht, wird oft erwartet, dass am Ende konkrete Entscheidungen getroffen werden. In anderen Kulturen, wie etwa in vielen asiatischen Ländern, wird der Abschluss eines Meetings eher langsam und vorsichtig gestaltet, um sicherzustellen, dass alle Aspekte bedacht wurden und es keine Missverständnisse gibt. In solchen Kulturen ist es oft wichtig, mit den Beteiligten in einer respektvollen Weise zu einer Übereinkunft zu kommen, was den Prozess der Entscheidungsfindung verlängern kann.

Ein weiteres Beispiel ist der Umgang mit Protokollen. Während beispielsweise in vielen nordischen Ländern oder Deutschland das schriftliche Festhalten von Ergebnissen als besonders wichtig und verbindlich angesehen wird, bevorzugen Kulturen wie die brasilianische oder die südostasiatische weniger formale Vereinbarungen und halten Protokolle für unnötig oder sogar als Zeichen von Misstrauen.

  • Auch für die Gestaltung des Meeting-Endes ist ein Bewusstsein für die kulturellen Unterschiede und Präferenzen der Teilnehmenden wertvoll. Welches Ziel wollen Sie bei genau dieser Zielgruppe erreichen? Welches Vorgehen ist dann am zielführendsten? Und vermeiden Sie den typischen Fehler, wegen Zeitmangels auf Rituale oder Standards zurückzugreifen, die in der interkulturellen Zusammenarbeit unangemessen sind.
  • Geben Sie denjenigen, die eine schnelle Entscheidung erwarten, klare Handlungsanweisungen und schließen Sie das Meeting mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse. Wenn Sie hingegen wissen, dass eine gründlichere Reflexion nötig ist, lassen Sie Zeit für eine ruhige Diskussion, bevor Sie abschließend handeln.
  • Achten Sie darauf, dass die Ergebnisse des Meetings schriftlich festgehalten werden. Für viele werden sie dadurch als verbindlicher empfunden. Dies kann von vielen Online-Meeting-Tools inzwischen automatisiert erstellt werden. Und stellen Sie sicher, dass dies nicht als Zwang oder Misstrauen wahrgenommen wird. Eine Diskussion zu den Spielregeln kann für Klarheit sorgen.

Sehr gerne unterstützen wir dabei, Sie und Ihre KollegInnen für effektive interkulturelle Zusammenarbeit noch fitter zu machen. In unserem Training „Effektive interkulturelle Online-Meetings konzentrieren wir uns auf die besonders kritischen Aspekte bei Meetings mit Teilnehmenden aus unterschiedlichen Nationen. Ob in Intensiv-Workshops, Impulsvorträgen, nachhaltigen Blended-Programmen oder durch individuelles Coaching - wir zeigen Ihnen ganz praktisch, wie Sie mit den typischen Kommunikationsfallen umgehen können.

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